Raymond Pettibon V-Boom

Raymond Pettibon zählt zu den anerkanntesten und erfolgreichsten Künstlern seiner Generation. Bekannt geworden für seine raumgreifend präsentierten Zeichnungen, die sich oftmals an kontroversen politischen und gesellschaftlichen Themen orientieren und stark in der amerikanischen Populärkultur verankert sind, erregt er neuerdings als Filmkünstler internationales Aufsehen. Die Kestnergesellschaft widmet ihm eine Einzelausstellung, in der neuere und neueste Arbeiten der letzten Jahre versammelt sind, darunter auch zwei erstmals in Deutschland gezeigte Animationsfilme. Raymond Pettibon gehört zu einer ganzen Gruppe von Künstlern, die sich in den letzten Jahren von der Westküste der USA kommend einen Namen in der Kunstwelt gemacht haben. Er gilt als gleichermaßen komplexer wie unklassifizierbarer Künstler, der dem unruhigen Herzschlag des Westens lauscht und in seinen Zeichnungen die Widersprüche, Bruchlinien und Diskontinuitäten eines Weltbildes untersucht. Seine Schlüsselthemen bezieht er konsequent aus dem unerschöpflichen Fundus sozialer, politischer und gesellschaftlicher Belange, die er künstlerisch im Medium der Zeichnung umkreist. In der thematischen Zuspitzung seiner Arbeiten geht es ihm zunächst zwar immer um Problemfelder, die direkt oder indirekt mit der Erfahrungswelt des Westens zu tun haben, durch seine Auseinandersetzung mit der Rolle der USA in politischen, ökonomischen und militärischen Belangen rücken aber auch globale Themen stärker in seinen Fokus. Durch seine unverblümte Direktheit und schonungslose Offenheit legt er seinen Zeichenstift in so manche offene Wunde und gilt deshalb nicht zu unrecht sogar in der kontroversen Kunstszene als ein Solitär. Seine Einflüsse bezieht er aus den unterschiedlichsten Quellen der Popkultur, wie zum Beispiel aus Comics und Cartoons, dem Kino im Allgemeinen und dem Film Noire im Besonderen. Superman und Che Guevara, die US-Flagge und das Dollarzeichen sind denn auch oftmals wiederholte symbolische Bilder, die sein gesamtes Werk durchziehen. Diese Symbole kontrastiert er durch eigene und Fragmente gefundener Texte, die innerhalb der Zeichnung für ein Gegengewicht sorgen und die Spannung aufrechterhalten. (Ausstellungsankündigung kestnergesellschaft Hannover) "Raymond Pettibon zeigt uns mit seinen Arbeiten die beeindruckende Kontinuität eines Künstlers, der seinen Weg schon lange gefunden zu haben scheint und seine Zeichnungen dennoch in unbeirrbarer Konsequenz weiterentwickelt. Die Werke der letzten zehn Jahre, die in diesem Katalog versammelt wurden, zeigen sich dem Betrachter voll farbiger Prägnanz und formaler Stringenz; die auf den Zeichnungen verstreuten Texte, die entgegen landläufiger Meinung nur noch entfernt an Comicstrips erinnern, sind komplex und setzen sogar eine Form der Kennerschaft voraus, die für die meisten nur schwer einzulösen ist. Wie nähert man sich jedoch diesem Künstler und seinem Werk, das die kompletten unteren Räume der Kestnergesellschaft mit ca. 230 Zeichnungen und zwei Animationsfilmen in Beschlag genommen hat? Der Künstler selbst kann beruhigend zitiert werden. Auf die Frage der Journalistin Grady Turner an Raymond Pettibon, ob es später einmal für die Kunsthistoriker nicht zu schwer sein werde, den unzähligen Referenzen aus Literatur und Popkultur nachzuspüren, ließ sich der Künstler zu der lakonischen Aussage verleiten: "Das wird nicht allzu schwierig sein …". (Auszug aus dem Katalogbeitrag von Frank-Thorsten Moll)